Portrait einer Geisha – Mineko Iwasaki

Die wohl berühmteste Geisha Mineko Iwasaki tat etwas, was in der Welt der Karyuakyais (Welt der Blumen und Weiden, Einrichtung für den Genuss ästhetischer Freuden) verpönt war, ja sogar abgestraft wurde.

Sie erzählt als erste Frau in der 300-jährigen Tradition der Karyuakyais von ihrem Leben in ihrer Biografie Die wahre Geschichte der Geisha. Ungeschriebene Gesetze, Tradition und die Unantastbarkeit des exklusiven Berufes verboten dies.

 

Mit Haut und Haar Geisha

Die ganze Welt hat so gut wie keine Ahnung über Geishas – Sie können sich aber trösten – die meisten Japaner haben das auch nicht. Das führt zu irreführenden Annahmen, die sowohl schaden als auch das geheimnisvolle Image pflegen.

Mineko Iwasakis bürgerlicher Name ist Masako Tanaka und sie wurde am 2. November 1949 als elftes und letztes Kind in Yamashima einem Vorort von Kyoto geboren. Obwohl die Eltern gebildet und aus einer angesehen und reichen Familie stammen, waren die Verhältnisse in denen die Kinder der Familie auswuchsen eher ärmlich.

Mit fünf Jahren verließ Masako zunächst ihr Zuhause und zog in eines der erfolgreichsten Geishahäuser, Okyas, von Gion Kobu. Anders als andere Mädchen, die diesen Weg einschlugen, wurde sie nicht gezwungen oder verkauft. Das zu diesem Zeitpunkt recht schüchterne Mädchen tat es aus freien Stücken.

Ein Jahr später, am 6. Juni, dem traditionellen Tag für den Start der Ausbildung, begann sie diese und wurde mit zehn Jahren vom Oberhaupt der Familie adoptiert Mit 15 Jahren wurde Mineko eine Maiko, eine heranwachsende Geisha. Mit 20 Jahren wendete Mineko ihren Kragen, was ein Ritual bezeichnet, das den Übergang zur erwachsenen Geiko (Geisha) markiert.

 


Der Begriff Geisha ist weit verbreitet und mittlerweile ein Oberbegriff. Er stammt aus dem Tokioer Dialekt und wurde von dort in die europäischen Sprachen übernommen. Es gibt verschiedene japanische Dialekte, die den Geisha Begriff variieren. In Kioto, dem ersten Sitz der Geishas, wird zwischen einer Maiko (Geisha in Ausbildung) und Geiko (ausgebildete Geisha) unterschieden. Der Begriff Geisha wird dort nicht genutzt

 

„Normale“ Geishas müssen nicht adoptiert werden. Masako wurde aber als Atotori, die Erbin des Hauses, auserwählt und musste daher offiziell zum Hause Iwasaki gehören. Eine lange und sehr harte Ausbildung begann sie mit ihren jungen sechs Jahren, bis sie zur Maiko debütierte und dann schließlich zur Geiko wurde.

 

Tanz, Instrumente spielen, Teezeremonie, Konversation, Blumen binden und vieles andere lernt eine Geisha in ihrer Ausbildung. Als Maiko nahm Mineko, wie alle Geishas in der Ausbildung, an Banketten und Festlichkeiten in Teehäusern (ochaya) oder Restaurants teil, die zu ihrer bisherigen Ausbildung jeden Abend hinzukamen.

 

Nachdem die Ausbildung zu Ende ist, müssen zunächst die Kosten, die die Okiya in die Ausbildung der Geiko steckte, zurückzahlt werden. Das dauert gewöhnlich fünf oder sieben Jahre. Erst danach ist die Geisha unabhängig und kann sich auf die eigenen Füße stellen. Sie bleibt der Okiya aber verbunden und unterhält eine Beziehung, wie zu einem Agenten. Eine Atotori bleibt bei ihrer Okiya, da sie die Nachfolgerin ist.

 

Autobiografie von Mineko Iwasaki
Autobiografie von Mineko Iwasaki
Nicht nur Geisha und Atotori

Mineko Iwasaki vollzog also nicht nur die gesamte Ausbildung und wurde Atotori, sondern sie wurde die geschäftstüchtigste Geiko ihrer Zeit. Eineinhalb Jahre Jahre war sie im Voraus ausgebucht, wobei man schon eher überbucht sagen kann, da sie oft mehrere Festlichkeiten an einem Abend besuchte. Seit ihrer Zeit als Geiko hatte sie keinen Tag frei, was nicht bei jeder Geiko so ist. Hat eine Geiko keine Termine, lässt sie sich trotzdem Ankleiden und wartet den Abend, ob ein Auftrag reinkommt.

Mineko wurde der Genuss eines freien Tages nur einmal zu Teil, als sie sich nach einer Krankheit einen Abend vor dem offiziellen Arbeitsbeginn, ankleiden ließ. Sie stellte fest, dass dass ihr das zu langweilig ist. Daher bevorzugte sie den stressigen Alltag. Sie besuchte so viele Ozashikis, dass sie teilweise nur kurz verweilte. Sie war so beliebt und so viele wollten ihre Dienste in Anspruch nehmen, dass sie auch die horrenden Kosten von Tausenden Dollars zahlten, um sich auch nur kurz mit ihrer Anwesenheit zu schmücken.

Nicht nur japanische Prominenz und Politiker hatte sie als Gäste, sondern auch Persönlichkeiten aus dem Ausland, wie zum Beispiel die Queen und ihr Gemahl und dessen Sohn Prinz Charles.

 

 


Ursprünglich waren Geishas im japanischen Mittelalter Alleinunterhalter am Hof und zudem in der Regel Männer. Die ersten Frauen, die etwa ab dem 17. Jahrhundert den Beruf auszuüben begannen, nannte man onna geisha („weibliche Geisha“). Ihre Dienste als Unterhalterinnen waren sehr gefragt und erschwinglich; auch waren sie Trendsetterinnen der Mode. Nach der Meiji-Restauration änderte sich ihre Rolle zu Bewahrerinnen der traditionellen Künste und ihre Dienste wurden sehr teuer und nur einer betuchten Schicht zugänglich. Außerdem konnte und kann man bis heute nicht ohne Weiteres eine Geiko buchen. Man muss, meistens von einem anderen Kunden, empfohlen werden.
Die Annahme Geishas seien Prostituierte, ist vollkommen falsch. Geishas sind hochgebildete Unterhalterinnen, die angepasst an jeden Gast, geistreich unterhalten, damit sich die Kunden aus dem Alltag zurückziehen und entspannen können. Im 17. Jahrhundert wurden die Oiran (Edelprostituierten) erst nach den Geishas zu Festen zugelassen. Die strenge Unterteilung hat sich bis heute gehalten. Männer dürfen nur in Ausnahmefällen zu Beispiel als Ankleider zu den Geishas außerhalb der Bankette.

Minekos vollkommen überfüllten Terminplan hatte auch gesundheitliche Auswirkungen. Sie bekam Probleme mit den Nieren, hatte eine Blinddarmoperation und ihr mussten die Mandeln herausgenommen werden. Behandeln oder auskurieren ließ Mineko nur widerwillig zu. Ihr Pflichtbewusstsein, die sie gegenüber ihrer Okiya und vor allem den Menschen dort hatte, war sehr ausgeprägt.

 

Heiraten ist für eine Geisha ausgeschlossen, Beziehungen nur im Hintergrund toleriert, aber durchaus gefördert. Mineko lernte schließlich einen Mann kennen, zu dem sie eine Beziehung pflegte. Shintarō Katsu, Schauspieler, Sänger, Filmproduzent und Regisseur, war der erste Mann in Minekos Leben. Sie trennte sich aber von ihm, weil er Spielchen mit ihr trieb.

Nie mehr Geisha sein

Am 15. Juli 1978 trat Mineko, im Alter von 29 Jahren, aus ihrem Beruf als Geiko zurück und widmete sich vielen anderen Projekten, wie die Eröffnung eines Lokals.

Dieser enorme Schritt war wohl überlegt. Schon lange haderte Mineko mit dem traditionellen System der Geishas, das keine Neuerungen zu ließ, immer mehr an Wert verlor und deshalb immer mehr von der Bildfläche zu verschwinden drohte.

Die schwache Lockerung, dass Geishas wenige Male im Jahr vor der Öffentlichkeit auftreten dürfen, wie beim berühmten Fest Miyako odori (Kirchtanz), war Mineko zu wenig. Das öffentliche Auftreten soll den Ruf der Geishas verbessern und dem System neuen Schwung bringen. Doch es altert zunehmend und trägt letzten Endes selbst dazu bei, dass diese Branche weiterhin untergeht, weil sie sich der neuen Zeit nicht öffnen.

Nachdem Mineko dafür gesorgt hatte, dass alle aus ihrer Okiya finanziell versorgt und untergebracht waren, begann ein neuer Abschnitt in Minekos Iwasakis Leben.

1982 lernte sie den jungen Künstler Jinichiro Sato kennen, den sie nur knapp einen Monat später heiratete. Ein Jahr später bekam sie ihre Tochter Kosuke und zog nach Iwakura, ein Vorort von Kyōto. Dort beschloss sie, mithilfe ihrer Familie, ein Buch über ihr Leben als Geisha zu schreiben.

Nicht zuletzt, weil Arthur Golden eine vermeintliche Biografie über Mineko Iwasaki schrieb, die voll mit Unwahrheiten war, wie beispielsweise der verkauften Jungfräulichkeit von Mineko.

 

Mineko Iwasakis Biografie hat viel dazu beigetragen Licht in die Nachtwelt der Geishas zu bringen. Dennoch gibt es immer noch viel Schatten, die die Legenden um die Geishas bei Weitem nicht verstummen lassen.

 

Das Leben einer Geisha heute: